Österreichs Weg zur Internationalen Philosophieolympiade (IPO)


2001 regt Bernhard Hölzl (Philosophielehrer am BG Zwettl) an, dass österreichische SchülerInnen an der IPO teilnehmen könnten. Die Bundesarbeitsgemeinschaft für Philosophie und Psychologie (Arge) prüft diesen Vorschlag mit dem Ergebnis, dass für die Durchführung in Österreich keine Strukturen vorhanden sind.

Unabhängig davon entdeckt Franz Pöll – auf der Suche nach neuen Möglichkeiten für den Philosophieunterricht – im Jahr 2000 zufällig via Suchmaschine Alta Vista, dass es eine Internationale Philosophieolympiade gibt. Das Internet informiert über die 8. IPO, die im Jahr 2000 in Nordrhein-Westfalen (NRW) mit elf Teilnehmerländern stattfand.

Auch 2002 diskutiert die Bundesarbeitsgemeinschaft das Thema IPO, es wurde jedoch noch keine Initiative gesetzt.

2003 wird wieder eine IPO im Internet angekündigt – Südkorea informiert über die 12. IPO, die 2004 in Seoul stattfinden sollte. Auf der entsprechenden Website findet Franz Pöll die Kontaktdaten zu Gerd Gerhardt, der den deutschen Philosophie-Essay-Wettbewerb in NRW leitet und Mitglied im Organisationskomitee der Internationalen Philosophieolympiade ist.

2004 gibt es ein Treffen in Wien – Gerd Gerhardt erläutert Franz Pöll den Ablauf der IPO. Hoch motiviert geht Franz Pöll daraufhin ins Bildungsministerium, um den für Olympiaden Verantwortlichen die Durchführung einer österreichischen Philosophieolympiade vorzuschlagen. Das Anliegen wird begeistert aufgenommen, die zwei zuständigen Beamten, Karl Hafner und Karl Havlicek, sehen den Philosophie-Wettbewerb als Gegengewicht zu den naturwissenschaftlichen Olympiaden wie Physik, Chemie und Mathematik und sind bereit, ihn finanziell zu unterstützen.

Beim Treffen der Bundesarge im Herbst 2004 informiert Franz Pöll, eingeladen vom Bundessprecher Gerhard Prade, über die IPO, deren Ablauf und die Bereitschaft des Bildungsministeriums, die Durchführung zu finanzieren. Die Arge begrüßt diese Initiative, die auch als Möglichkeit gesehen wird, das Fach Philosophie öffentlich zu positionieren. Als erster Schritt wird geplant, zwei SchülerInnen für die Teilnahme an der IPO 2005 in Warschau zu finden. Im Schuljahr 2005/06 sollte dann in Österreich ein Landes- und ein Bundeswettbewerb durchgeführt werden. Die KollegInnen werden gebeten, in ihrem jeweiligen Bundesland dafür zu werben.

Als Vermittler am Weg Österreichs zur Teilnahme an der IPO fungierte Gerd Gerhardt. Ihm ist zu verdanken, dass Österreich an der IPO 2005 in Warschau probeweise teilnehmen konnte, ohne vorher einen österreichweiten Wettbewerb durchgeführt zu haben.

2005 galt es zunächst, zwei SchülerInnen für die IPO in Warschau zu finden. Sie wurden im Rahmen eines kleinen Wettbewerbs an zwei Schulen ermittelt: über Franz Pöll an der Sir Karl Popper-Schule in Wien und über Barbara Conrad an der GIBS (Graz International Bilingual School). Eine Jury, bestehend aus PhilosophielehrerInnen, beurteilte die anonymisierten Arbeiten. Ausgewählt wurden die Essays von Hannah Karacsonyi (GIBS) und David Himler (Popperschule), sie sollten Österreich bei der IPO 2005 in Warschau vertreten.



Die österreichischen IPO-Pioniere Hannah Karacsonyi und David Himler, der auch gleich eine Bronzemedaille gewinnt!




Große Überraschung in Warschau: Der österreichischen Delegation wird zur Silbermedaille 2004 gratuliert.
Es stellt sich heraus, dass Lukas Steinacher, ein Österreicher, der ein Gymnasium in Düsseldorf besuchte, den deutschen Essaywettbewerb 2003/04 gewann und von der deutschen Delegation zur IPO 2004 nach Seoul mitgenommen wurde. Für seinen Essay bekam er eine Silbermedaille.

Lukas Steinacher: Essay Wettbewerb Deutschland 2003/04 – 1. Platz
Lukas Steinacher: Essay Seoul, 2004 – Silbermedaille

Zitate für das Essayschreiben 2005 (Sir Karl Popper-Schule, GIBS)


1.
Ich würde sagen, dass dem, was uns heute als Freiheit verkauft wird, diese radikale Dimension von Freiheit und Demokratie fehlt: die Überzeugung, dass grundlegende gesellschaftliche Entscheidungen durch eine möglichst große Anzahl von Menschen oder einer Mehrheit diskutiert und entschieden werden sollten. In diesem Sinn haben wir heute keine wirkliche Erfahrung der Freiheit. Unsere Freiheiten reduzieren sich zunehmend auf die Freiheit, den Lebensstil zu wählen. Man kann sogar bis zu einem gewissen Grad seine ethnische Identität wählen. Nehmen wir Bosnien, wo es viele gemischte Familien gab. Als der Krieg ausbrach, mussten sie wählen: Bist du pro-serbisch, pro- kroatisch oder pro-muslimisch? Das steckte nicht in den Genen, sondern musste entschieden werden.

Slavoj Zizek. Sabine Reul und Thomas Deichmann trafen den Philosophen Slavoj Zizek an der Frankfurter Buchmesse im Oktober 2001 für ein Gespräch über sein Buch: Die Tücke des Subjekts.

2.
Die einst für hart gehaltene Wirklichkeit erweist sich als veränderbar, neu kombinierbar und offen für die Realisierung beliebiger ästhetisch konturierter Wünsche. (…) Vielleicht verstehen die Älteren noch zu wenig, wie leicht eine jüngere Generation sich in künstlichen Welten einzurichten beginnt.

Wolfgang Welsch: Grenzgänge der Ästhetik, 1996, S. 14 f.

3.
Die Philosophen sind oft wie kleine Kinder, die zuerst mit ihrem Bleistift beliebige Striche auf ein Papier kritzeln und dann den Erwachsenen fragen „was ist das?“ – Das ging so zu: Der Erwachsene hatte dem Kinde öfters etwas vorgezeichnet und gesagt: „Das ist ein Mann.“, „Das ist ein Haus“, usw. Und nun macht das Kind auch Striche und sagt „Was ist das?“.

Ludwig Wittgenstein: Vermischte Bemerkungen, S. 39