Empfang im Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung

Grußworte von Heribert Reich, Delegationsleiter Philosophie-Olympiade



Sehr geehrter Herr Minister!
Sehr geehrte Frau Sektionsleiterin!
Sehr geehrte Mitarbeiter:innen des BMBWF!
Geschätzte Teilnehmer:innen an den Wissenschaftsolympiaden!
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen!

Als Vertreter der Wissenschaftsolympiade darf ich Ihnen geschätzte Zuhörer:innen heute meine Worte und meine Gedanken aus der Sicht der Olympiade, für die ich spreche, näherbringen.

Ich erlaube mir dies aus zweierlei Perspektiven anzugehen: einerseits aus allgemeiner Sicht der Wissenschafts-Olympiade und andererseits spezifisch aus der Sicht der Philosophie-Olympiade.

Im Wesentlichen ist den Wissenschafts-Olympiaden gemein, dass sie talentierte Schüler:innen fördern. Wesentlich aber ist zuvor, überhaupt die Talente zu erkennen und zugleich Prozesse zu initiieren, dass Schüler:innen den Eros des Wissen-Wollens an sich selbst entdecken. Sie werden durch österreichweit engagiert Lehrende in explorativer Weise gefördert, wissenschaftliche Fragestellungen nachzugehen. Sie entdecken die wissenschaftliche Sprache, die sie selbst kompetent anwenden. Wissenschaft wird somit erlebbar und bleibt nicht nur fernes Konstrukt.

Dem Bildungsministerium unter der Obhut des Bildungsministers ist es ein Anliegen, die Demokratisierungskompetenz und das Vertrauen in Forschung bei Schüler:innen zu stärken. Diesem Grundanliegen wird zielgenau in den Wissenschafts-Olympiaden nachgekommen.

Zur Untermauerung meiner These möchte ich Ihnen mit Verlaub ein wenig den Grundgedanken und den Ablauf der Philosophie-Olympiade näherbringen.

Die IPO – die Internationale Philosophie-Olympiade – wurde 1993 in Bulgarien gegründet.

1995 wurde von wichtigen Lehrenden der Philosophie in einem Treffen im Hauptquartier der UNESCO in Paris zum Thema „Philosophie und Demokratie“ beschlossen, das geistige Erbe der Philosophie durch junge Menschen wiederzubeleben, nämlich in Form eines Essay-Wettbewerbs. Die Philosophie-Olympiade wird somit von der UNESCO unterstützt. Jugendliche werden zu kritischem und weltoffenem Denken im Blick auf die Probleme der gegenwärtigen Welt ermutigt, die humanistischen Ideen aus der Welt der Philosophie zu begreifen und dadurch an einer humanen Gesellschaft mitzuarbeiten.

Demokratisches Denken muss nämlich im vollzogenen toleranten Umgang miteinander sichtbar werden. Daher ist für die Philosophie-Olympiade die Begegnung mit Anderen - bei den Bundeswettbewerben aus den einzelnen Bundesländern und bei der Internationalen Olympiade - heuer Teilnehmende aus 49 Ländern – eine wesentliche pädagogische Aufgabe.

In forschender Rolle erleben die Jugendlichen, dass sie Probleme erkennen, bewerten und Lösungen zuführen können.

Dazu bedarf es aber meines Erachtens einer interdisziplinären Haltung. Toleranz und Demokratiebewusstsein muss auch im Umgang im Wettbewerb der einzelnen Wissenschaften eine Grundhaltung sein, um für Schüler:innen ein Role Model zu sein.

Die Philosophie führt im Schulalltag und in der Wahrnehmung der Gesellschaft ein Mauerblümchendasein. Philosophie ist nicht der Power-Player in der bildungspolitischen Landschaft. Was eigentlich sehr schade ist, da sie einen großen Schatz hütet: Aufwerfen von Fragen, die zumeist von anderen Wissenschaften nicht gestellt werden und die Möglichkeiten von Erkenntnissen bereitstellen, alleine durch die Kraft des Denkens und der exakten Sprache.

Sprache ist im antiken griechischen Denken „pharmakon“: Heilmittel und Gift. Es geht darum, mit der Sprache zu trösten, aber ich kann auch mit Worten das Leid Anderer zu vergrößern.

Die Macht der Worte zeigt sich im folgenden Vorwurf von Platon an den Sophisten Prothagoras: „Du redest, ohne etwas auszusagen“. Aktueller kann dieser Spruch für einen aufmerksamen Politikbeobachter gerade nicht sein.

Ja, das Projekt Essay-Schreiben ist der klägliche Versuch in einer übermächtigen Welt, wo machtgewaltige Sprache hierarchische Systeme widerspiegelt, die Zartheit, die Vielfältigkeit und die Schönheit der Sprache Bedeutung zuzumessen. Metaphorisch gesprochen: auf dem Feld bracher Landschaften kleine Pflänzchen auszusetzen. Ihr stellt mit Euren Essays so ein Pflänzchen dar. Ja, sehr bunt vom Gänseblümchen bis zum Wiesensalbei.

Es sind die Zartheit und die Schönheit des Wortes, die Macht über die Seele haben, so das Denken der antiken Philosophie.

Das Essay-Schreiben ist ein Versuch, dem etwas entgegenzusetzen: Über Begriffe nachzudenken, zu argumentieren und zu begründen, auf die Sprache zu achten, vor allem Perspektiven zu wechseln und zuletzt zu schlussfolgern. Und zuweilen bitter zu kommentieren in Form von Kritik.

In Utopien zu denken, mag nichts bringen, so der Zweifler, aber so hätten sich die Welt und Lebensgemeinschaften nie gewandelt.

Ihr seid die Zukunft des Landes und ihr habt es auch in der Hand, wohin diese Reise geht und ob brache Landschaften erblühen können.

Wissenschafts-Olympiaden können aber nur dann Jugendliche fördern und ermuntern, sich der Wissenschaft zuzuwenden, wenn finanzielle und strukturelle Rahmenbedingungen gegeben sind.

Als Vertreter der Philosophie-Olympiade möchte ich an dieser Stelle dafür danken, dass diese Rahmenbedingungen vom Bildungsministerium bereitgestellt werden. Danke hier an dieser Stelle an Ministeralrätin Klemmer-Senk, Mag.a Müller und Frau Hatos für die wohlwollende Zusammenarbeit.

Mir ist aber auch ein Anliegen, auf Probleme aufmerksam zu machen: Bürokratische Hürden und schulstandortspezifische Interessen sollen nicht dazu führen, dass sich diejenigen, die sich jahrzehntelang für die Wissenschafts-Olympiaden einsetzen, kraftlos werden.

Ich danke für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit!